psycho&sophie in the osteopathic field with .....?_ leidfaden philosophie und psychologie für osteopathInnen |
Wednesday, 29. May 2002
Vorwort der HerausgeberInnen
wiszorro
19:24h
Der Leidfaden Käthe Oppenauers durch den psychososphische Elementarismus wird hier Stück für Stück, Faden für Faden elektronisch zugänglich gemacht. Warum war ein Leidfaden nötig? Die Notwendigkeit des Textes ergibt sich einerseits aus dem unerträglichen Zustands, der Not, die gewendet werden muß; andererseits aus dem völligen Fehlen einer fundierten klinischen Beschreibung des Krankheitsbildes. Durch verschieden Station wird das Leiden beschrieben und die Heilungs-Hoffnung ausgelotet. Das Motto: durch das Leiden lernen. Welches Leiden? - gemeint ist die untrübliche Anziehungskraft die OsteopathInnen gegenüber Bundgi-jumping-Psychologie und philosophischen Kurzschlüßen ins Nirvana empfinden; das ist ein Leid, eine Passion. Keine fadenscheinigen Entschuldigungen werden gesucht. Die Blöße wird gegeben. Dies war notwendig und unvermeidlich geworden, da die Krankheit sich ausbreitet. Die Lektüre des Leidfadens ist peinlich, wie jede Beschreibung einer fortschreitenden Krankheit schmerzhaft zu lesen. Der Leidfaden ist ein unersetzliches und zwingendes Instrument, Stachel für alle, die finden, daß die Dinge noch einfacher liegen. Diese Haltung auszudrücken, inhaltlich zu fundieren, tiefer zu legen und dabei nicht zu verbleiben, - das ist der Verdienst dieses Textes. Er ist der Manta, den OsteopathInnen unbedingt mal gefahren haben müssen. Wir können nur hoffen. daß nach der Spritztour der Spuk vorbei ist und weniger zwanghafte Beschäftigungen auf uns warten. Droht nicht ein Leitfaden, eine Checkliste, in der kurz und knackig die wichtigsten philosophischen Schlaglöcher und psychologischen Wasserdichheiten vorverdaut präsentiert werden? Diese Checkliste gibt es noch nicht und vielleicht kann der Oppenauersche Text zumindest verhindern, daß sie jemals erscheint. In einer Situation, in der jeder Barbar zum Leit-Kultur-Hammel werden kann, ist das Ausbleiben weiterer zupackender Leitplanken geradezu ein Hoffungsschimmer. Ob der Text diesen präventiven oder einen anderen Zweck erreichen soll oder besser verworfen sei, darüber hat die Verfasserin oft mit uns diskutiert. Kann ihr Text differentialdiagnostisches Hilfsmittel oder gar Therapie sein? Die Gefahr, daß der Leidfaden einmal ins osteopathische Alltagsbewußtsein Eingang findet ist groß. Das ist das letzte was sich Käthe Oppenauer gewünscht hätte; sie wollte Diskussionen eröffnen, keine Wiederholungstäter legitimieren. Was der Oppenauersche Text bietet ist minimaler Standard: Argumentation, Klarheit der Gedanken anstatt plakativem Jargon, voraussetzungsloses und reflexives sich mit den eigenen Begriffen und Konzepten beschäftigen. An sich keine große Kunst, gerade mal das Basiswerkzeug der wissenschaftlichen Selbstaufklärung seit der Renaissance; aber angesichts der in osteopathischen Kreisen üblichen Reduktion von Philosophie auf eine Spielart der meditativen, meist indisch-rationalistischen, Spekulation mit einem Schuß Buddhismus des rechten Weges sind hier einige Aufwärmübungen nötig. Ob sie gewünscht sind wird sich zeigen? Ist das Wünschen notfalls zu lernen? Es gibt schleißlich was zu verlieren: unbekümmertes Flanieren im Psychosophischen. Unberührt von der `Arbeit des Begriffs´, unbelastet von dialektischer Argumentation läßt sich mit Leichtigkeit eines drauf legen. Der Weg wird gehalten, - aber was machen die Füße beim Laufen? Das Scheinen der Weisheit aus dem wohlklingenden Wort gibt wohlfeile Legitimation, sich über die `Liebe zur Weisheit´, wörtlich für `Philo-sophie´, hinwegzusetzen. Wir alle lieben Sophie. Schön, aber wer ist Sie und will Sie auch geliebt werden von uns? Besungen wurde die Weisheit schon vielstimmig. Nicht alle Badewannensoprane/tenöre haben die Souveränität einer Ella Fitzgerald im Anstimmen des Lobgesanges. Käthe Oppenauer versucht daher die Philosophie vor ihren überschwenglichen BewunderInnen in Schutz zu nehmen. Nicht weil sie besser, aber weil sie zwielichter ist, als von den Osteogroupies angenommen. Das hat auch unsere Wahl des Titels bestimmt: Lernen aus dem Leiden ist das Program der (griechischen) Tragödien; dieses Program hat die Philosophie in ihren (griechischen) Anfängen versucht zu überbieten und auszubooten. Sie hat ein philosophisches Heilsversprechen ausgegeben, das besagt: Lernen/Leben ohne Leiden ist das eigentliche Lernen, - und das eigentliche Leben ist ohne Leiden. Und wer dem Club der PhilosophInnen beitritt hat schon eine Anleihe auf das leidlose Paradies gezogen. Wer die Einsicht der Tragödien in die Natur menschlicher Konflikte nicht abwehren will, hängt am Leidfaden, - und argumentiert implizit anti-philosophisch. Der Leidfaden gibt erstmals eine umfassende Beschreibung der Obsession, -oder ohne vorzeitige Wertung- , der Passionen des psychosophischen Elementarismus. Er hilft das Problem und seine Epidemologie zu erkennen. Und er bietet sprachliche Regelungen an, zum Beispiel das Vollbild der Passion als psycho-sophischer Elementarismus zu bezeichnen, i.e. das Leiden an der Begeisterung und Anziehung für elementare Psychologie und Philosophie. Noch bevor eine Ätiologie des Syndromes möglich ist, sollten die Erscheinungsformen des psychosophischen Elementarismus Aufmerksamkeit finden. Die typisch-osteopathische Ausgangslage, das normale Alltagsbewußtsein der OsteopathInnen soll hervortreten und gekennzeichnet werden. Frühe Warnzeichen werden aufgrund mangelnder Diagnostik übersehen. Die Krankheit entwickelt sich in einem geschützten Umfeld und wird erst spät in voller Blüte entdeckt. Aufgrund des pädagogischen Anliegens von Käthe Oppenauer könnte der Text ein Selbstversuch für jene OsteopathInnen sein, die der Sucht des philosophischen und psychologischen Tieferlegens der Elemente ungeschützt verfallen sind. Ohne dem Text vorzugreifen wird für jene wenigen Glücklichen, die nicht spontan von dieser Krankheit wissen, weil Sie selbst keinen Episoden ausgesetzt waren, in groben Züge ihr Erscheinungsbild beschrieben. Daher ist die große Passion der OsteopathInnen bei der angewandten Philosophie und der Psychologie angesiedelt. Die Verve mit der argumentiert wird ist umgekehrt proportional zur Kenntnis der Gegenstände und zur selbstkritischen Distanz der eigenen Position gegenüber. Mit philosophischer und psychologischer Materie läßt sich leichtens verfahren. Kant hat dieses Stadium der glückliche Naivität ironisch beschreiben: eine von jeder Kenntnis ungetrübte Meinung. So es sich lohnt diese Naivität und Leichtfertigkeit zu bewahren, haben wir bisher auch kaum osteopathische KollegInnen an die psychologischen und philosophischen Fakultäten verloren. Die hemmungslose Begeisterung für Philososphisches mag all jene erstaunen, die einmal einen Fuß in ein philosophisches Seminar gesetzt haben. Allein die Aura der Philosophie scheint unter OsteopathInnen ein Qualitätsmerkmal. Dass jede Äußerung, weil sie nachklingenden Worte verwendet schon mit philosophischen Weihen ausgezeichnet ist, scheint auch nationale Gründe zu haben - eine typisch deutsche Krankheit also? Käthe Oppenauer hat eine Übersetzung ausgeschlossen. Die Gefahr der Unübersetzbarkeit in einen anderen national-kulturellen Zusammenhang erschien ihr zu groß. Die Fehleinschätzung des - als Quelle der Selbsterkenntnis nicht genug zu schätzenden und kreativ weiterzukultivierenden - unüberlegten Daherredens als philosophischer Tiefe ist nicht global. Zum Glück. Philosophie ist, wie jede anderen Disziplin, Arbeit; nicht ehren- oder mehrwertiger. Das wird bei diesen Randgängen an der Grenze zum Geschwätz schlicht vergessen. Die Realisten unter den Osteopathen benützen daher Wendungen wie `darüber können Sie in der Kneipe philosophieren´. Obwohl wir dem alkoholischen Einfluß nicht Unrecht tun wollen; die meisten schaffen den schwarzen Gürtel des philosophischen Aphorismus schon bei sturz-voller Nüchternheit. Auch zeigt sich hier ein Geburtstrauma der Philosophie: hat sie doch versucht den dionysischen Wein-Rausch für sich in Anspruch zu nehmen und zugleich das rebellische Aufbrechen der Verhältnisse in der Ekstase zu domestizieren. Wein ja, aber der Rausch muß staatstragend sein - so der Prototyp des Philosophen, Platon. Auf heutige Verhältnisse übersetzt: sie können ruhig trunken philosophieren, die finanzielle und inhaltliche Verrechung erfolgt über ihre American Express Card. Wenn es fraglich ist warum Philosophie einen osteopathischen Ehrentitel ausstellt, - welchen Loorbeerkranz bietet die Psychologie? Läßt sich mit ihr im selben, verharmlosenden Auf- oder Abwasch verfahren? Durchaus: Zwar gibt es erfahrene Leute (Bion), die meinen, die psychische Realität anderer Menschen ist recht schwer zu erfahren. OsteopathInnen trübt das nicht, sie tappern los über die psychischen Landschaften....oder waren es psychologische Landschaften? Was war nochmals der Unterschied? Dieser hier nur grob und herzlos beschriebene Zustand ist beklagenswert. Kontrovers sind die Ansichten über die Heilungschancen. Grundlegendere Fragen bezüglich Progredienz und therapeutischer Strategie sind noch zu beantworten. Die einzelnen Textbausteine sind ohne Veränderung aus den Manuskripten Käthe Oppenauers übernommen. Der Aufbau des Buches war mit ihr abgesprochen. Die Wochen vor Ihrem Tod hatten wir vereinbart den Text zu veröffentlichen. Sie selbst wollte sich den Diskussionen nicht mehr aussetzen und fand, daß unsere Streitbarkeit und ihr pädagogisches Interesse ein Gleichgewicht bildeten. Ihr Interesse an der inhaltlichen Diskussion war durch Polemik (auch unsere) nicht zu bremsen. Sie bat uns ihren Text nicht zu verändern und unseren Ton nur im Vorwort anzuschlagen. Ein Haltung, die der Weite ihres Geistes entsprach. Sie war in der Philosophie und Psychoanlyse zu Hause, obschon die beiden sich spinnefeind sein können. Und sie war Osteopathin mit Haut-Haar-Herz-und-Verstand. Intellektuelle Redlichkeit war für sie die fortwährende Auseinandersetzung mit den jeweiligen Wissenschaften und ihren Gegenständen. Das billige sich-andienen und Lorbeer sammeln bei anderen Wissenschaften war ihr fremd. Ebenso fremd die unkritisch-eklektizitischen Nehmer-Mentalität: Herauspicken was einem gefällt und ins Konzept paßt, ohne der herangezogenen Disziplin das Minimum an Respekt in Form von ernsthafter Beschäftigung (also Arbeit) mit ihren internen Diskussionen entgegenzubringen. Die Passion des psychosophischen Elementarismus gilt nicht der Philosophie oder der Psychologie, sie gilt der möglichst widerstandslosen Bedienung eigener projektiver und identifikatorischer Interessen und der konfliktfreien Lösung kaum gestellter Fragen. Dieser Mentalität eine Diskussion der Fragen und Antworten gegenüberzustellen, war das pädagogisches Anliegen der Arbeiten von Käthe Oppenauer. Die erhoffte Spitze ihrer Texte ist hier Widerstand zu bieten und empfindliche Nadelstiche zu setzen. Zugleich war sie nur zu gerne bereit anzuerkennnen, daß nicht alle diese Fragen interesieren müssen, daß es nicht zum täglichen, osteopathischen Handwerkszeug gehört sich diesbezüglich zu äußern. Ob wir gute OsteopathInnen sind hängt zum Glück nicht daran. Umgekehrt ist es leider nicht wahr: auch gute OsteopathInnen sind nicht immun gegen die hier beschriebene Plage. Und da die vielfältigen Verzweigungen der Krankheit noch unbekannt sind, sollte wir nicht vorzeitig Entwarnung signalisieren: eine verkorkste Psychosophie vermag möglicherweise den genetischen Kern des osteopathischen Handels treffen. Den Text zu lesen ist peinlich, weil er versucht das Bedürfnis nach Differenzierung, Selbstkritik und Aufklärung der eigenen Position zu wecken. Er versucht - wie peinvoll es auch sein mag - das Ärgernis zu ertragen und ihm etwas entgegen zu setzen. Er setzt sich dabei selbst dem Argument aus, daß alles was gesagt wird schon tausendmal und viel besser schon gesagt wurde. Obwohl vielleicht das eintausendundeinmalte nötig wäre und möglicherweise den entscheidenden Unterscheid macht: Es gilt nicht die Unschuld der Unkenntniss zu akzeptieren. Wer es besser wissen müßte, bzw wissen müßte, daß er/sie es nicht besser weiß, bekommt keine mildernden Umstände zugesprochen. Aber Strafmaß und pädagogische Hoffnung stehen einander entgegen. Der Optimismus der Pädagogin ist durch Argumente nicht wegzukriegen, - mit Recht wie wir denken, ohne ihren Optimismus zu teilen. Entgegen aller eigenen Einsicht, an die Einsichtsfähigkeit der glücklichen Ignoranz zu glauben, das ist bewundernswert. Aber was wird der Effekt der Oppenauerschen Bemühungen sein? Vergleichbar dem Versuch die deutsche Sozialdemokratie davon zu überzeugen, daß es nicht den guten und schlechten Kapitalismus gibt, dass dieser selbst das Übel darstellt , das es zu überwinden gilt, - eine Wahrheit die nur um den Preis der Selbstaufgabe anzunehmen ist? Sind die von der Plage betroffenen bereit ihre Gründungsannahmen zu überdenken? Davon wird die Resonanz des Textes abhängen; persönlich würden wir nichts auf das Bedürfnis nach reflexiver Selbstaufklärung verwetten. Dennoch ist keine Mühe zu groß, den Oppenaurschen Text zu veröffentlichen. Er ist die Chance die nicht alle schweren Krankheiten haben. Die großen Themen der Osteopathie bekommen unvermeidlich ihr Fett ab: Ganzheitlichkeit, Funktion-Struktur-Funktion, Selbstheilung. Obschon diese Prinzipien auf allen osteopathischen Banner zu finden, ist de kritische Reflexion darüber in einem ärmlichen Zustand. So lassen sich, ganz dem Ganzheitlichen verschriebene, OsteopathInnen ohne Zeichen der Schamesröte von Sätzen wie `eins plus eins plus eins ist dreiunddreißig wenn nicht gerade einhundertelf´ beeindrucken, obwohl die Grundaussage jedes am Zusammenwirken der Einzelteile orientierten Ganzheitskonzept die Behauptung hervorbringt, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner/ihrer Teile ist. Eine Idee, die seit der antiken Medizin diskutiert wird und die das einfache osteopathische Gemüt für revolutionär hält und ständig als ganzheitlich-osteopathische Frühstücksweisheit wiederholt. Die ernsthafteste und zugleich fragwürdigste Intention des Leidfadens besteht in dem Versuch OsteopathInnen mit allen Mitteln der Kritik vor sich selbst zu bewahren. Rettende Kritik, die mit aller Schärfe das ausdrückt was ist (Aktualität), gegenüber dem was vorgibt zu sein, wie es sich gerne sieht (phantastische Selbst-projektion). Projektion ist nicht mit Imagination und Möglichkeit (Potentialität) zu verwechseln. Das versucht der Text in leider noch viel zu vorsichtiger Manier deutlich zu machen, indem er eine Welt zum erscheinen bringt, die jenseits von mutwilliger Selbststilisierung liegt. Ein mutiger Versuch einer reflektierende, engagierten Praktikerin. Psycho- und mentalitätslogisch gesehen ein riskanter Versuch: sich mit Argumenten gegen etwas stemmen das nicht aus Argumenten lebt. Gegen die projektive Selbstverwechslung des `guten´ Menschen mit seinen guten Intentionen ist kein Kraut gewachsen. Notfalls - wenn der/die Gute sich wehrt - muß er/sie selbst kritisiert werden. Historisch gesehen stehen wir damit an den Anfängen der Osteopathie Ende des 19. Jahrhunderts: vor der Kritik Nietzsches und Freuds. Immerhin nur 100 Jahre hinten dran, aber inhaltlich diese Kritik aufzunehmen ist nicht in Jahren aufzuwiegen. Der Leifaden versucht ein Bedürfniss und ein Selbstbild durch Kritik zur Krise zu bringen. Das ist ein altes, ehrenwertes Unterfangen jeder kritischen Philosophie, das leider nicht oft mit Erfolg gekrönt ist. Hier können wir dem Text nur viel Glück und eine möglichst widerständige Aufnahme wünschen. (Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Berufsverband.) Läßts sich die fatale Attraktion, die Passion kurieren? Diese Frage ist noch nicht beantwortet und auch der Text wird immer wieder darum kreisen. . Erst wer dem Leidfaden nachgegangen ist, kann dies Frage für sich beantworten. Das liegt mit am Vorgehen der Autorin: zuerst wird die Dysfunktion verstärkt um dann in und durch die Krise den Ausweg zu finden...oder eben nicht. Aber das indirekte Behandlungsprinzip ist Methode und zugleich mehr. Wird die Krankheit bis zur Unerträglichkeit gesteigert, muß unter Androhung des physischen und psychischen Zerfalls die Krise in eine Katarsis überführt werden. Diese Klimax von krisenhafter Zuspitzung und erhoffter Er-Lösung in Katharsis, durchzieht als Thema, nicht als sichere Methode, den Text. Sie ist die aufklärerische Hoffung der antiken Dramen wie die Heilungshoffnung der homöopathischen Medizin. Sie läßt sich üben im Aikido, das die Kraft des Gegners nutzt um diesen zu besiegen. Sie läßt sich bei Hegel und Marx verfeinern, die im dialektischen Denken eine Weg sahen sich mit der Stärke des Gegenarguments zu verbinden um dieses zu überwinden. Nichtsdestotrotz ist nicht garantiert daß die Katastrophe ein Lösung bringt: nichts versichert gegen das Scheitern. So wird die erlösende Krise nicht als All-Heilmittel angeboten, sondern zur Arbeit an diesem Versatzstück eines therapeutischen Selbstverständnis aufgerufen. Die Hoffnungen der Leidenden auf heilende Intervention können nicht mit billigen therapeutischen Sprüchen über inhärente Selbstheilungskräfte abgetan werden. Die pädagogische List Käthe Oppenauers ist hier durchsichtig gemacht: eine Denkweise aus der Osteopathie zu nehmen, diese neben psychologische und philosophische Standards zu plazieren, ....und schauen was passiert. Gibt es Widerstände, einen Point of Balance, lössen sich Spannung, entsteht Dynamik? Der Ausgang eines solchen Vorgehens ist ungewiss: entsteht erweitertes Bewußtseins oder erweiterte Ignoranz bzw fundiertere Pathologie. So wird nichts daran vorbei führen die entscheidende Frage zu stellen: Wo sind die Quellen der Krankheit? Wie entsteht sie und warum leidet sie nicht an sich selbst. Das heißt noch nicht einem aufklärerischen Optimismus anheim zu fallen, aber eine radikale, auf die Wurzel (die Radix) des Leidens gerichtete Reflexion beginnen. Wer weiß, vielleicht finde sich die heilende radix, das rettende Aspirin. So kommen in großer Zahl Anti-PädagogInnen zu Wort. Diese haben den Vorzug, daß sie einem die Weisheit nicht mit Löffeln füttern wollen, sondern auf die Autonomie des Erkenntnisaktes bestehen. Das ist die Grenze der Pädagogik: das Bedürfnis selbst zu denken kann niemensch beigebracht werden; so hat jener Philosoph, der meinte, wir müßten das Wünschen lernen, eben keine Schule des Wünschens gegründet, er hat niemandem beigebracht, wie das zu lernen ist und was zu wünschen ist. Er wurde statt dessen zum unablässigen Kritiker des wunschlosen Unglücks wie des wunschlahmen Glücks. Aber Kritik ist ein schwächliche, orientierungslose Pflanze im Arsenal des psychosophoischen Elementarismus. Sie bräuchte Sonne und müßte besser kultiviert werden. Zwei umstrittene, methodische Annäherungen verbindet die Autorin: die über-disziplinäre Erweiterung des Feldes und die polemische Zuspitzung, die alles auf einen peinlichen Punkt bringt; gemeinsam sind sie produktiv. Im Verlauf dieser Beschreibung des methodischen Vorgehens der Autorin ist es gelungen einen von ihr geschätzten reflektierenden Praktiker des therapeutischen Dialogs mehrmals implizit zu zitieren. Seine Identität wird später im Text enthüllt. Ein Such-Hinweis: er hat geschrieben, daß Psyche ausgedehnt ist, aber nichts davon weiß. Kein Pädagoge und auch kein Polemiker also, und kein Philosoph, das ist klar. Ent-Spezifizierung hat er als Abwehrstrategie gegen unliebsame Inhalte beschrieben. Also wird er auftretten als Mitstreiter gegen das Heilsversprechen des psychosopischen Elementarismus. Warum diese doppelte Anspielung und Verbergung? Weil Käthe Oppenauer immer wieder so vorgegangen ist. Sie streut Zitate und Überlegungen ein, ohne ihre Herkunft zu kennzeichnen. So kommen Leute zu Wort deren Namen schon Vorurteile wecken. Orginalität hätte sie sowieso nicht interesiert oder gar beansprucht, - selbst dort wo sie vorlag. Zur Präsentation des Textes nur so viel: Wir haben Käthes verstreute Notizen und ausgearbeiteten Texte geordnet und in einem erzählerisch-ätiologischen Schema angeordnet. Die Überschriften sind von uns gewählt, mit ihrer Zustimmung. Das letzte Kapitel versammelt ihre Versuche einen neuen Weg zu gehen. Wir stellen dort ihre Überlegungen zu einer osteopathischen Elementenlehre zusammen. Es wird, soweit die Durchsicht ihrer Aufzeichnungen neues Material ergibt, ergänzt. Käthe war der Überzeugung, daß wir die vitalistischen Ursprünge und Annahmen der Osteopathie einer sowohl historischen wie systematischen Kritik unterziehen müssen. So verstand sie ihre Beschäftigung mit der Substanzlehre der antiken Medizin und ihr fortwirkenden Einfluß als ersten Schritt auf dem Weg zu einer osteopathischen Elementenlehre. Verbunden war die Hoffnung dem Elementarismus ein Stück reflektierte Realität zu entreissen. Systementwürfe entsprachen nicht ihrem intellektuellen Temperament, und nicht ihrer Einschätzung des Standes der osteopathischen Wissenschaft. Wir hoffen durch die offenen Zusammenstellung der Textfragmente ihrem aufrührerischen Geist und weittragendem wie reichendem Herzen gerecht zu werden. Wir vermissen sie sehr und hoffen, daß, wo sie sich auch rumtreibt, ein Netzanschluß mit Hypertext ins whatever-world.wide.web besteht. Berlin, am 8. Mai 2002, Dr. Doreen Dipp-Lomost
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