psycho&sophie in the osteopathic field with .....?_ leidfaden philosophie und psychologie für osteopathInnen |
Sunday, 3. November 2002
2.3: Das halbierte Ganze: zerschnitter Ursprung und regressive Ganzheitssuche. Der Wunsch eine himmelstürmerische Ganzheit zu sein
wiszorro
14:28h
1. Teil: Der Wunsch eine himmelstürmerische Ganzheit zu sein Schlüsselbegriffe: aufmüpfiges Ganzes, halbiertes Ganze, zerschnittener Ursprung, regressive Ganzheitssuche, Nabel als Erinnerungsmal, Zu den ersten Problematiserungen der Ganzheit gehört die von Aristophanes erzählte Geschicht im „Symposium/Gastmahl" des Platon. Bei diesem Mahl soll über den Gott Eros gesprochen werden, und nach einem ersten gescheiterten Versuch (der Schluckauf war Schuld) ergreift der Komödien- und Tragödendichter Aristophanes das Wort. Dass diese Geschichte von einem erzählt wird, der mit Tragödien assoziert wird, ist schon ein Hinweis, dass sie nicht- philosophische Erfahrung und Reflexion enthält. Mit Platon hat der Versuch der Philosophie sich als neue Heilslehre zu etablieren seinen ersten Höhepunkt erreicht. Die Tragödien waren den Philosophen ein Dorn im Auge, da sie unterstellen, dass nur durch Leiden eine Reifung des Menschen möglich ist. Dagegen versprachen die philosophische Heilslehre Erfüllung und Glück in gebührlichem Abstand zum Lernen durch Leiden. So beginnt Aristophanes seine Rede über den Eros mit dem Hinweis, dass es darum geht die menschliche Leidens-Natur zu erkennen. Das soll seine Geschichte leisten. Und weil sie schon so oft erzählt wurde hier eine etwas schnöde Wiedergabe der Fakten: Zu Beginn war unsere menschliche Natur eine andere, wir waren runde Wesen, Kugelwesen mit vier Armen und Beinen und zwei in entgegengesetzte Richtung schauende Gesichtern an einem Kopf. Wir waren radschlagend übermütig, geschlechtlich zweifach veranlagt (frau-frau, mann-mann, frau-mann), dabei glücklich, frech und aufmüpfig. Diese letzteren Eigenschaften brachte uns den Zorn und die Strafe der Götter, da diese sich in ihrer Souveränität angegriffen fühlten. Wir waren dabei die Welt und uns Kugelwesen selbst zu regieren. Die Götter befürchteten eine himmelstürmisches Aufbegehren gegen ihr Herrschaft, wie ihn die Titanen einst versuchten. Die Strafe der Götter für den drohenden Aufstand folgte prompt; der ratschlagende Zeus dachte sich diese Strafe für die radschlagenden Aufständischen aus: eine Halbierung der Kugelwesen, zerschneiden wie mensch Birnen und Eier mit einem Faden zerschneidet, dass die unbändige Kraft der Ganzheit halbiert wird und die Anzahl der willigen Untertane verdoppelt. Der Zeus führte den halbierenden Schnitt während Apollon auf sein Geheiß den erzieherischen und bändigenen Effekt der Strafe unterstrich indem er den halbierten Kopf und Hals um 180° drehte, dass das halbierte Wesen seine Schnittfläche immer vor seinem/ihren Angesicht hatte. Diese geflickte Einheit war aber so ungücklich ob ihrer Zerschneidung, dass sie sehnsüchtig nichts besseres wußte als die/eine verlorene Hälfte zu suchen, und wenn mit dieser wiedervereint, sich ganz der unerfüllbaren Begierde wieder zusammenzuwachsen hingab, dass sie meist starben vor Hunger. Das ist die Geschichte die Aristophanes erzählt, um am Ende zu sagen: Seht, der Eros ist die Begierde den urspünglich aufmüpfig-glücklichen Zustand der Souveränität herzustellen, aus zwei eines zu machen, wobei das eine das Heile ist und der Weg dahin das Begehren, angetrieben durch die Sehnsucht die zerschnittene Ganzheit zu heilen Das ist der Stand der Problematisierung vor dem Siegeszug der Philosophie, die alles tun wird die historische Reflexion aus diesen Geschichten auszutreiben, die blutigen Schnitte schönzufärben, um dann eine eigene beruhigende und konfliktgereinigte Erlösungsreligion zu schaffen. Das Christum wird die Karten neu mischen, eine spannungsreiche Dreieinigkeit entwickeln, die noch einen Dr Still infiziert. Dass ein radikaler Christ und anti-authoritärer US-Amerikaner dazu tendiert einem philosophisch gereinigten Ganzheitsbegriff aufzusitzen, scheint mir ein schlechter Witz der osteopathsichen Geschichtsschreibung zu sein. Die vor-philosopische Erzählung des Aristophanes erinnert daran, einen realitätsbezogenen, erfahrungsdurchwachsenen, kurz einen konflikt-bewußten Ganzheitsbegriff für die Osteopathie zu entwickeln. ... Link |
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